Impressionen aus dem Freilicht-Museum Stübing

„Die Leute machen sich’s so kompliziert heute…“

Wir sind ziemlich blöd geworden. Plastik und Chemie statt Holz und Natur, unpersönliche Konzerne statt regionaler Gemeinschaft, Ressourcenverschwendung für die wir im Hamsterrad strampeln. Und Ernährungsberater die uns sagen müssen, was eigentlich klar ist. Ein Besuch bei unserem Kooperationspartner, dem Freilicht-Museum Stübing, der zum Nachdenken anregt.

„Die Leut machen sich’s so kompliziert heute“, meinte vor kurzem eine 92-jährige Frau, die unseren Wohnwagon besuchte: „Dabei müsst’s gar nicht so kompliziert sein. Früher hamma’s auch schön ghabt, weißt?“ Sie bringt damit auf den Punkt, worum’s geht: Es wird Zeit, dass wir wieder zurück zum Wesentlichen finden und unseren Kopf einschalten!

Viel Wissen dazu gibt’s! Es wurde nur erfolgreich unter Reality-TV und Fertig-Palatschinkenteig vergraben. Vor kurzem hab ich das Freilicht-Museum Stübing besucht. Dort wird altes Wissen gehortet und zugänglich gemacht.

Ein paar Gedanken, die ich von dort mitgenommen hab:

Was gscheites essen – Ernährungsberatung deluxe

Depressionen gelten als die neue Volkskrankheit. 50% der Depressionen werden übrigens durch falsches Essverhalten ausgelöst. Wer depressiv ist, bekommt deshalb eine Ernährungsberaterin zur Seite gestellt. Diese gut bezahlte Beraterin muss einem dann Dinge sagen wie: Regelmäßig essen, immer zu einer fixen Uhrzeit. Ein Ritual vor dem Essen, damit man es bewusster wahrnimmt. Einmal am Tag Suppe oder was Warmes. Wenig Fleisch. Wer in die bäuerliche Tradition schaut, sieht: Um 12 gibt’s Mittagessen. Fix, daran kann nichts rütteln. Fleisch nur einmal die Woche, wenn überhaupt. Ein Tischgebet bevor’s losgeht. Gar nicht so blöd, oder?

Leicht relativieren muss man das natürlich schon, weil die bäuerliche Kost dann tw. schon sehr deftig ist und Tischgebets-Rituale können ja auch anders. Es geht ja nicht drum, Traditionen 1:1 zu übernehmen, sondern altes Wissen zu nutzen und damit die Zukunft zu gestalten!

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Tausche Tennisschläger gegen Sense?

Beim Mähen eines steilen Wiesenstücks mit der Sense erntet man von der Nachbarin bemitleidende Blick: „Ach, Sie schinden sich, Herr Nachbar“. Ist das so? Wer dieselben Kalorien im weißen Tennisoutfit beim Ballspielen verbrät wird bewundert „Wow, wie sportlich!“, warum darf körperliche Arbeit nicht auch Spaß machen? Frische Luft, sinnvolle Tätigkeit, fast schon meditativ wenn man den richtigen Schwung findet, was will man mehr? Selbiges gilt auch für’s Tischlern, Bauen, Renovieren und allgemein Selber-Machen!

Wer übrigens mal einen Sensenmähkurs besuchen will – hier lang!

Bauernschlau bauen

Das Freilichtmuseum zeigt alte Bauernhäuser aus allen Bundesländern. Jedes Haus erzählt dabei eine Geschichte und spiegelt die Region wider. Kalte Winter? Viel Sonne? Schneefall? In den Häusern kumuliert sich das Wissen von Generationen wie man mit der Natur rundherum umgeht. Was sie gemeinsam haben: Nachhaltiger geht’s nicht. Schaut man nach ein paar hundert Jahren, was von dem Haus noch übrig ist, findet man ein paar irdene Sachen und Eisenteile, 98 % sind verrottet, weil die Baustoffe einfach direkt aus der Natur und aus der Umgebung stammen.

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„Achte auf die Formen, in denen der Bauer baut, denn sie sind der Urväter Weisheit geronnene Substanz“ (Alfred Loos)

Geht’s auch ohne Glyphosat?

340 Millionen Liter Unkraut- und Insektenzerstörer werden in Argentinien jedes Jahr verteilt. Mittlerweile macht man sich über die schwindenden Phosphat-Vorräte fast größere Sorgen als um die Erdöl-Reserven, denn ohne diesen Dünger geht in unserer Landwirtschaft gar nix mehr. Müsste nicht sein. Die eigenen Fäkalien und der Mist der Tiere waren früher ganz selbstverständlich Teil eines Kreislaufs. Häusl ausfassen, ab in die Mistgrube und wieder auf’s Feld damit. Mit unserer Bio-Toilette wollen wir einen Beitrag leisten, wieder zu einem Nährstoffkreislauf zurück zu finden.

Eine echte Greisslerei – „Das wird wohl nimma werden, die Zeiten sind vorbei…“

Ein Packerl Mannerschnitten mampfend steh ich in der alten Greisslerei, die im Museum betrieben wird und schau mich um. 2.000 Gegenstände. Sensen, Emaille-Geschirr und Schuhwachs treffen auf Majoran und Kaffee, Nägel und Strümpfe. Die Kinder haben den Dorfplatz rundherum längst für sich erobert. Schön hier. Lebendig. Die alte Dame hinter der Budl meint seufzend: „So wird’s nimma werden, die Zeiten sind vorbei. Nichtmal in unserer Schau-Greisslerei haben die Leut Zeit zum stehenbleiben und tratschen. Jeder rennt vorbei, schnelles Foto und weiter“.

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Das wird nimma werden? Doch jawohl! Und wie das wieder werden wird. Wir sagen euch, das wird grandios! So wird der Blick zurück zum Blick nach vorn. Kombinieren wir doch einfach das alte Wissen mit neuen Errungenschaften und machen uns ein gutes Leben draus! Gratis W-Lan für alle, sponsored by Sonnenenergie, gscheite Baustoffe, ein gesundes Leben im Einklang mit der Natur, die Paradeiser aus dem eigenen Garten und trotzdem die Couchsurfer zu Gast und internationale Vernetzung über’s Internet. Wie das geht! Machen wir’s uns nicht so kompliziert! Machen wir uns auf den Weg!

Hier gehts zum Freilicht-Museum: www.freilichtmuseum.at

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