Aktive Kohle? Das schaun‘ wir uns genauer an!

Aus der Wohnwagon – Praxis wissen wir: Pflanzenkohle ist ein ziemlich leiwandes Material. Sie bindet Wasser und Nährstoffe, filtert, reinigt. Wir verwenden sie in unserem autarken Wagen in der Grünkläranlage und in der Einstreu der Biotoilette. Immer wieder stoßen wir dabei auf den Begriff “Aktivkohle”. Hä? Dem Mysterium wollten wir auf den Grund gehen: Was ist Aktivkohle genau? Wie entsteht sie und was ist anders als bei “normaler” und Pflanzen – Kohle?

Kohle, Pflanzenkohle, Aktivkohle – ist das nicht alles dasselbe?

Jein. Na gut, alle drei enthalten viel Kohlenstoff, der ursprünglich zum Teil von Pflanzen stammt. Und alle drei sind schwarz. Aber sonst sind sie ziemlich verschieden!

Kohle entsteht, ähnlich dem Erdöl, wenn sich Pflanzenreste ablagern und über Jahrmillionen im Boden zusammengepresst werden. Meist handelt es sich dabei um Braun- oder Steinkohle, welche mit riesigen Maschinen abgebaut und verbrannt wird. Dabei entsteht z.B. Strom. Es werden übrigens immer noch fast 30 % des weltweiten Energieverbrauchs über Kohle gedeckt. Weitere 28 % sind dann Erdöl. Aber über den Wahnsinn reden wir ein anderes Mal. Jedenfalls: „Normale“ abgebaute Kohle: CO2-Schleuder, nicht sehr sympathisch.

Pflanzenkohle ist da deutlich leiwander, denn sie wird aus nachwachsenden Rohstoffen wie z.B. Stroh gewonnen und hilft beim Bodenverbessern, Düngen und Kompostieren fleißig mit.

Aktivkohle funktioniert ähnlich wie Pflanzenkohle, macht den Job jedoch noch viel, viel besser. Leider ist sie auch um das 5 – 10 fache teurer!

Einstreu

Was ist so einzigartig an Aktivkohle?

Aktivkohle besteht aus einem verwinkelten Labyrinth aus ultrafeinen Poren, welches Schmutzstoffe bindet. Diesen Job macht Aktivkohle so gut, weil dafür viel Platz ist: Ein Gramm hat eine innere Oberfläche von 500 – 1500 m2. Mit anderen Worten: Ein Teelöffel Aktivkohle hat die Fläche eines Fußballfeldes!

Im Vergleich: Pflanzenkohle liefert pro Gramm 300 m², immer noch massig Platz für Partikel aller Art, die Filter- und Speicherleistung ist also auch dort gegeben, nur etwas geringer.

Wie wird Aktivkohle hergestellt?

Hier sind sich Aktivkohle und Pflanzenkohle ziemlich ähnlich. Bei beidem wird das Ausgangsmaterial unter Ausschluss von Sauerstoff verbrannt. Aber erst durch die Aktivierung entsteht Aktivkohle!

1. Verkohlen
Als Ausgangsmaterial dienen Holz, Torf, Braunkohle, Fruchtkerne wie Olivenkerne, Kokosnussschalen etc. Sie alle enthalten viel Kohlenstoff. Zuerst wird das Ausgangsmaterial verkohlt. Das ist sowas wie Verbrennen ohne Sauerstoff und wird auch Pyrolyse genannt. So gut wie alles, was nicht Kohlenstoff ist, macht sich dabei aus dem Staub, es entsteht Platz für ein verwinkeltes Tunnelsystem aus feinen Poren.

Sauerstoff würde bewirken, dass der Kohlenstoff komplett verbrennt und als Gas entweicht oder zu Asche wird. Das passiert übrigens auch bei der normalen Verbrennung im Lagerfeuer – da bleibt vom Ausgangsmaterial nur ein Bruchteil des Kohlenstoffs über. Deswegen lieber ohne Sauerstoff, denn den Kohlenstoff wollen wir ja nutzen!

2. Aktivieren
Bei der anschließenden Aktivierung unterscheidet man zwischen Gasaktivierung und chemischer Aktivierung.

Gasaktivierung: Ein sehr, sehr heißer Gasstrom (700 – 1000 °C) aus Wasserdampf, Kohlendioxid und Luft verwandelt einen Teil des Materials in Kohlenmonoxid und Wasserstoff, welche als Gas entweichen. Übrig bleibt ein hochaktives, poröses Kohlenstoffgerüst mit einer riesigen inneren Oberfläche.

Chemische Aktivierung: Nicht ganz so heiß („nur” 400 – 800 °C), aber mit ordentlich Chemikalien, hier entsteht ebenfalls poröse Aktivkohle und zwar direkt aus dem unverkohlten Ausgangsmaterial. Die Chemikalien werden rückgewonnen und wiederverwendet.

Granulat

Was tut Aktivkohle?

Aktivkohle reinigt, und zwar ziemlich gut! Der entscheidende Prozess dabei nennt sich Adsorption. Dabei lagert sich Schmutz aus Luft und Wasser an die Wände des Porenlabyrinths an. Die Poren unterscheiden sich im Durchmesser und nehmen dadurch verschieden große Schmutzteilchen auf. Es passen nicht alle Teilchen in jede Pore. Viele Poren in unterschiedlichen Größen sorgen für eine besonders gute Filterwirkung.

Was macht einen leistungsstarken Filter aus?

  • Die Art des Drecks – passt dein Schmutz in die Poren?
  • Ph – Wert, Temperatur – optimale Rahmenbedingungen?
  • Zeit – wie lange ist die Aktivkohle mit dem verunreinigten Medium in Kontakt

INFO: Handliche Kannenwasserfilter filtert 1l Wasser in wenigen Minuten. Mehr Power haben leitungsgebundene Systeme, die filtern mehrere Liter Wasser pro Minute.

So gut diese einfache, natürliche Filterwirkung ist – Irgendwann sind alle Poren aufgefüllt und die Reinigungsleistung geht zurück. Dann muss die Aktivkohle getauscht oder durch Wärmebehandlung reaktiviert warden. Hier mehr dazu!

Wo wird Aktivkohle eingesetzt?

Aktivkohle wird für Atemschutzmasken, Zigarettenfiltern und Abgasreinigung, für Trinkwasseraufbereitung, Entchlorung, Grundwassersanierung u.v.m. verwendet. Meist entfernt sie dabei unerwünschte Farb-, Geschmacks- und Geruchsstoffe aus Gasen, Dämpfen und Flüssigkeiten.

Im Wohnwagon verwenden wir Pflanzenkohle bei der Einstreu der Biotoilette, um Feuchtigkeit und Geruch zu binden und in der Grünkläranlage, wo die Kohle dem Granulat beigemischt wird und Wasser und Nährstoffe für die Pflanzen bindet. Und natürlich auch bei den unterschiedlichen Trinkwasser-Filtern, die wir in unserem Shop anbieten.

Aktivkohle Granulat klein
Aktivkohle Pellets klein

Ob in Form von Pellets, gebrochen als Granulat oder als Pulver, Aktivkohle gibt es in zahlreichen Varianten. Auch Gewebe und Fasern sind erhältlich.

Pflanzenparade

Aktivkohle in Wasserfiltern für den eigenen Haushalt

Was uns natürlich am meisten interessiert: Aktivkohle für die Wasserreinigung im privaten Umfeld. Kannenwasserfilter, kompakte Outdoorwasserfilter oder leitungsgebundene Filtersysteme, es gibt viele unterschiedliche Ausführungen – ein paar, die wir besonders gut finden, gibt es seit kurzem in unserem Shop. Aktivkohle wird oft mit anderen Reinigungsmethoden kombiniert: Umkehrosmose, UV – Licht-, Glasfaser-, Keramik-, Membranfilter und viele mehr.

Diese Kombination macht Sinn, denn Aktivkohle eignet sich zwar besonders bei Verunreinigungen von organischen Verbindungen wie z.B. Chlor, bei einigen Stoffen ist sie jedoch nur begrenzt wirksam oder wirkungslos.

Unknown Aktivkohle filtert
Rotes_X Aktivkohle filtert nicht
Chlor und ChlorabbauprodukteNitrat, Nitrit
OzonKalk
MedikamentenrückständeAmmonium
HormoneMineralien
Pestizide 
Lösungsmittel 
Pflanzenschutzmittel 
Halogenkohlenwasserstoffe 
Viren 
Geruchs- und Geschmacksstoffe 
Asbestfasern 
Blei (alle Schwermetalle nur bei speziellen Aktivkohlefiltern) 
radioaktive Stoffe wie z.B. Radon 

Achtung! Es kommt stark auf den Filtertyp und die Qualität an! Billige Kannenwasserfilter um 20 Euro reinigen natürlich nicht so gut wie leitungsgebundene Systeme, wofür man einen Batzen Geld aufbringen muss. Kannenwasserfilter bieten nur vor Chlor und organischen Verbindungen ausreichenden Schutz.

Was bei Kannenwasserfiltern zu beachten ist: Wenn das gefilterte Wasser zu lange steht, oder man vergisst, den Aktivkohlefilter rechtzeitig auszutauschen, können sich Keime bilden. Also sollte man je nach Herstellerangabe den Aktivkohlefilter eines Kannenwasserfilters alle paar Monate austauschen. Bei leitungsgebundenen Filtersystemen ist dies nur alle paar Jahre nötig.

Aktivkohle Pulver klein

Ökologische Aspekte

Weltweit werden jährlich ungefähr 1,1 Mio. Tonnen Aktivkohle produziert, Tendenz steigend (9 %/Jahr). Nur 15 – 20 % davon werden aus erneuerbaren Ressourcen gewonnen (Kokosnussschalen, Holz, Maiskolben, Lignin, Bambus, Mandelschalen, Haselnussschalen, Walnussschalen, Aprikosenkerne und auch Sägemehl aus Kiefern, Rosensamen, … geben würde es genug!).

Wieso fossile Materialien verwenden, die neues CO2 aus den Tiefen der Erde in die Atmosphäre packen, wenn man genauso erneuerbare Stoffe nutzen kann?

Apropos CO2 und Atmosphäre: Mit der Einbringung von Pflanzenkohle in der Landwirtschaft entstehen auch Chancen für unsere heimischen Böden. Bezüglich Wasser- und Nährstoffspeicherung haben die mittlerweile großteils die Qualität von Wüstenboden. Aber dazu ein andermal mehr.

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