Über die Philosophie vom Selbermachen
Ein autarkes, selbstbestimmtes Leben hat viel mit Selbermachen zu tun. In diesem Blogbeitrag findest du Gedanken und Tipps von Christian rund ums Handwerk.
Interview mit Christian Frantal
Warum gehören Handwerk und Autarkie zusammen?
Wer handwerkliche Grundlagen beherrscht, hat buchstäblich das Werkzeug in der Hand, um Dinge selbst herzustellen, selbst zu reparieren. Du lernst die Dinge rund um dich zu verstehen und wirst so erst wirklich zum Besitzer deiner Sachen, sonst is es ja so dass deine Sachen oft dich besitzen. Wer handwerklich was macht, Dinge erschafft, bekommt auch einen ganz anderen Bezug – der Wert wird greifbar! Da gibt’s eine ganz gscheite Studie, die ich im Buch „Führen mit Hirn“ von Sebastian Purps-Pardigol gelesen hab. Menschen, die eine Box selbst zusammengebaut haben und wissen was dahintersteckt, würden sie um 40% teurer verkaufen als Menschen, die nichts zum Entstehen beigetragen haben. Obwohl es dasselbe Produkt ist! Wer etwas selbst gemacht hat, wird besser drauf aufpassen, Verschwendung vermeiden. DAS gilt übrigens für alle Bereiche! Wenn du selbst deinen Strom erzeugst, verschwendest du ihn nicht. Wenn du das Gemüse selbst anbaust, kochst und isst du ganz anders. Der direkte, persönlichen Bezug macht’s aus! Vom Konsum zum Erleben. Für mich ghört’s auch zur geistigen Autarkie: Das Gefühl, dass man die Fähigkeit hat, aus den Dingen im Kopf echte Materie zu machen. Seine Ideen zu manifestieren ist eins der erfüllendsten Dinge überhaupt. Bei mir wird durchs handwerkliche Tun auch immer klarer, dass ich den Konsum-Wegwerf-Wahnsinn nicht mehr mitmachen will. Somit ist Handwerk was hoch Politisches in der heutigen Zeit!
Warum hat für dich persönlich das Selbermachen so einen hohen Stellenwert?
Als kreativer Kopf schwirren oft tausend Gedanken, Ideen, To-Dos durch meinen Kopf. Handwerk erdet und zentriert mich. Es ist in gewisser Weise eine Vorsorge für die geistige und seelische Gesundheit, weil du bei einer Sache bleiben und rege bleiben musst! Du musst laufend Lösungen finden, den Überblick bewahren, vorausdenken. Solche Projekte nehmen dich oft als Ganzes in Anspruch, no more multitasking sondern quasi Handwerks-Meditation. Das tut gut! In der Planung ist das Wissen über die konkrete Umsetzung natürlich auch total wertvoll, weil man das dann immer schon mitdenken kann.
Auf zum praktischen Teil – Was ist das Wichtigste, wenn man sich handwerkliche Grund-Skills zulegen möchte?
Wissen. So blöd das klingt: Fang auf Youtube an. Da findest du wirklich alles, die Uni der Neuzeit. Als ich drechseln lernen wollt, hab ich mir tagelang am Abend Tutorials reingezogen, mir das Werkzeug besorgt und konnte dann sofort loslegen! Du kannst natürlich auch anderen Handwerkern zuschauen, wie sie die Sachen machen oder ein gutes Buch lesen. Und dann sofort ins Tun gehen! Do it! Auf keinen Fall in der Hypothese verharren, sondern echte Fehler machen, Sachen ausprobieren. Wer nichts tut, kann nicht scheitern, kommt aber auch net weiter! Viele haben so eine perfekte Ausredenliste, die man immer wieder durchgeht, warum man nicht kann oder erst später kann und es wird aber nie „später“. Die Liste muss man einfach streichen. Das Anfangen ist oft mehr ein mentales Problem als ein handwerkliches. Wie kann ich mir Unterstützung für den Start holen? Wenn du’s am Start nicht allein machen willst, klink dich bei Workshops oder in Coworking-Spaces ein! Bei Problemen such dir Leute die du fragen kannst. Red‘ mit einem Tischler oder Handwerker in deiner Umgebung. Da gibt’s meist weit mehr als man glaubt und viele freuen sich, wenn man sich für ihr Handwerk interessiert und sind mitunter sehr hilfsbereit.
Handwerk ist ja ein sehr breites Feld – wo fang ich an?
Wo Du anfangen sollst, kommt natürlich drauf an, was Du willst! Möbel zimmern? Gemüse anbauen? Bildhauerei? Tongeschirr machen? Such deine Leidenschaft! Es ist alles keine Raketenwissenschaft und wenn dich was kitzelt und du dir denkst „Ich riech das Metall so gern“ – na geht schon! Es wird überall nur mit Wasser gekocht. Nimm die Flex in die Hand, trau dich an ein Projekt heran! Ein guter Start ist auch immer eine gscheite Werkzeugkiste – die könntest du zum Beispiel gleich selber aus Holz bauen, wenn du lustig bist.
Auf los, geht’s los!
Hier nun ein paar Tipps für deine Werkzeugkiste und die wichtigsten Begriffe:
Deine Werkzeugkiste
Starte mit einer schönen Kiste oder Truhe, die du gern anschaust und bei der du dich schon aufs Tun freust, wenn du sie siehst. Rein kommt:
- Schraubenzieher in mehreren Größen (Schlitz & Kreuz)
- Zangen
- Hammer mit Hacke (Doppelfunktion!) / Zimmermannhammer
- Feile und Raspel
- Nägel (z.B. 40mm, 80mm)
- kopflose Stahlstifte
- Schrauben (z.B. ein Set mit 20mm, 35mm, 70mm)
- eine Box für Rest-Schrauben (da sammelt sich viel an!)
- (Japan-)Säge
- kleiner Schraubenschlüsselsatz (oder ein „Franzose“)
- ein „Hilti-Band“ (Lochband – siehe Foto)
- Inbusschlüsselsatz
- Zwingen
- Pinsel
- Tücher
- Messer (ordentlicher Cutter mit gscheiten Klingen)
- Kombizange, Beißzange und Wasserpumpenzange
- Akkuschrauber und Spitzbohrer
- Wasserwaage
- Klebeband
- Leim und Sekundenkleber
- Kabelbinder
- Schnur
- Taschenlampe
In was investieren?
Das erste Gerät könnte ein cooler Akkuschrauber sein. Damit kann man gleich schrauben und bohren. Unbedingt auf Qualität setzen (ein gscheites Drehmoment, 2 Akkus, ordentliche Verarbeitung) – Kauf lieber ein gebrauchtes besseres Markengerät (Fein, Hilti, Stihl) als Quengelware, die beim Diskonter an der Kassa abhängt. Die sind in der Regel minderwertig verarbeitet, kommen vom anderen Ende der Welt und taugen nur wenige Betriebsstunden. Ersatzteile gibt’s dafür sowieso keine. Wir haben in unserem Shop übrigens ein paar gute! Als zweites Tool könntest du dir einen Fein überlegen. Der „Fein“ ist auch ein tolles Multifunktionstool: sägen, bohren, lochen, schleifen – damit kommt man schon weit!
Das Internet ist dein Brockhaus – nutz es!
Man findet schon so viele Tutorials online, manche sind zwar fad und schlecht, aber viele auch sehr brauchbar und helfen ehrlich weiter. Du musst nicht immer das Rad neu erfinden, lern vom Zuschauen! Von der Erfahrung anderer profitieren zu können, ist die wichtigste Eigenschaft, die man beim Handwerk mitbringen sollte. Auch da ist es wieder eher eine mentale Hürde, sich auch gern mal was sagen zu lassen!
Stopp den inneren Karl!
Den muss man nämlich manchmal ganz bewusst stoppen, sonst kommst du nicht weiter! Karl, der Perfektionist, ist ein guter Ratgeber, aber wenn er zum Chef wird, bist du erledigt. Mir hilft die 80-20-Regel: Mit 20% des Aufwandes erzeugst du 80% des Ergebnisses. Der Weg zur Perfektion ist dann ein langer. Wer nicht die völlige Perfektion anstrebt, kommt leichter ans Ziel.
Handwerker haben ihre eigene Sprache. Damit du dich in der Welt leichter zurecht findest, hier ein paar Basics!
5/8-er Staffeln – das sind Holzstaffeln mit einem Querschnitt von 5 × 8 cm wird meist für die Konstruktion verwendet z.B. von Wohnwagon-Aufbauten! Die übliche Variante ist säge rau, gehobelt sind sie ein paar mm kleiner. Die Staffeln gibt’s in 3 m, 4 m und 5 m Länge.
4×35, 5×40 – die erste Zahl beschreibt den Durchmesser der Schraube in mm, die zweite Zahl dann die Länge der Schraube in mm. Meist steht auch gleich dabei, welche Torx-Maße du dann brauchst! Dadurch weißt du, welchen Bit du verwendest .
Bit ist das Gegenstück zur Schraube!
Torx – Ganz früher hatte man nur die Schlitzschrauben, dann kam immer mehr Kreuz in Mode und mittlerweile arbeiten wir am liebsten mit Torx. Die schauen so aus: und gibt’s in 15 mm, 20 mm , 25 mm, 30 mm. Damit ist die Chance, dass Du die Schrauben oder den Bit vermurkst schon sehr gering,weil die Kraftübergabe gut funktioniert.
Holzqualitäten – Je nach Verwendungsart gibt’s verschiedene Qualitäten von Holz: sägerau (als Bauholz), gehobelt, gefast (abgerundete Ecke), geschliffen, gefräst mit Nut/Feder. Je nach Astigkeit, Rissen, Verfärbungen etc. teilt man in A, B und C-Sortierung.
Holzschutz – ein Methodenüberblick!
Die gängigsten Hölzer in Österreich sind Fichte, Lärche und Buche, wobei die Lärche für den Außenbereich durch den hohen Gehalt an Harzen viel besser geeignet ist, weil sie dadurch natürlich vor Mikroorganismen geschützt ist. Richtig eingesetzt brauchst du also oft auch keinen Holzschutz. Fichte im Außenbereich sollte man jährlich behandeln, sonst ist es in kürzester Zeit von Mikroorganismen verspeist. Es gibt verschiedene Arten wie du Holz gegen Verschmutzung und Verwitterung schützen kannst. Sie unterscheiden sich stark in Hinblick auf Nachhaltigkeit und Eigenschaften – es zahlt sich aus, sich damit zu beschäftigen!
Lasur – Die Holzmaserung bleibt sichtbar, der Untergrund scheint durch. Achtung: Da gibt’s starke Qualitätsunterschiede und Kunstharz-Wahnsinn genauso wie tolle Bioprodukte, drauf achten beim Aussuchen! Die Lasur wirkt als Schutzfilm schmutz- und wasserabweisend, ist im Vergleich zum Lack aber noch offenporiger. Es gibt Dünnschicht- und Dickschichtlasuren, Dickschichtlasuren sind schon fast lackähnlich und schwieriger auszubessern, also eher zu Ersterem greifen! Angefangene Dosen am besten mit dem Deckel nach unten lagern, dann sind sie besser gegen Lufteintritt geschützt und halten länger.
Öle & Wachse – Baubiologisch optimal, wenn sie aus natürlichen Grundstoffen bestehen! Auch hier bleibt die Maserung erhalten, das Öl bildet keinen Film über dem Holz, sondern zieht in das Material ein, füllt die Zellen auf und macht das Holz flüssigkeitsresistent und schützt es. Beim Ölen auf den verwendeten Fetzen aufpassen! Beim Trocknen und Abbinden des Öls entsteht Wärme. Den ölgetränkten Fetzen also nicht im Mistkübel entsorgen, da sind schon Wohnungen abgebrannt. Im Freien austrocknen lassen oder in einem geschlossenen Blechbehälter entsorgen.
Lack – Deckt völlig ab, schafft eine klare Oberfläche, versiegelt aber auch das Holz. Das heißt die positiven Eigenschaften fürs Raumklima sind dahin. Es gibt wasserverdünnbare Lacke und solche auf Kunstharzbasis. Kunstharzlacke brauchen viel länger um abzuhärten, Acryllacke (Wasserlacke) kannst Du meist nach ein paar Stunden schon wieder überarbeiten. Wasserlacke sind allerdings nicht speichelresistent, also für Kindermöbel nicht geeignet! Möglichst dünn auftragen, sonst trocknet nur die Oberfläche und drunter wird’s nie fertig.
Verkohlen – durch das Ankohlen/Ansengen der Oberfläche wird das Holz dunkel. Dann mit der Drahtbürste reinigen und vielleicht noch ölen. Eine hervorragende Wetterschutzlösung!
Der Feuchte-Fetzen-Trick!
Bevor man das erste Mal mit dem Lasieren oder
Ölen beginnt, sollte man mit dem feuchten Fetzen
über das Material gehen. Dabei stellen sich die Fasern
vom Holz nämlich nochmal auf! Dann nochmal
schleifen und jetzt erst lasieren, dann machst
Du die Arbeit nicht doppelt und sparst Material.
Du möchtest aktiv werden?
Dann komm doch zu einem Workshops von uns in Wien oder Gutenstein! Wir bieten euch einige Möglichkeiten, um in’s Tun zu kommen.