Das Schweizer Messer unter den Outdoorkochern
Der Biolite Campstove ist ein feines, multifunktionales Gerät. Es kann gleich 2 wichtige Grundbedürfnisse erfüllen: Essen kochen (schon immer tägliches Muss bzw. „Darf“) und Handy aufladen (Newcomer unter den Grundbedürfnissen). Er ist vor allem für Campingausflüge und den Ritt in die Wildnis geeignet.
Prinzipiell einfach zu bedienen: Holz reinstopfen und anzünden. Kochtopf raufstellen und Handy per USB anstecken.
In der Praxis trifft man trotzdem auf die eine oder andere Herausforderung: Dieser Campstove hat Ansprüche und lässt sich gern bitten! In jeder Hinsicht also ein Wunderkind.
Wie es uns ergangen ist und was das Teil wirklich drauf hat, erfährst du wenn du weiterliest.
Testvorbereitung
Ein schöner Tag im Freien an unserem Schauwagon in der Transition Base in Aspern. Viel Sonne, noch viel mehr Wind. Damit man erst am Abend vor dem Spiegel merkt, wie stark die Sonne schien. Niko schmiert sich mit Sonnencreme ein, ich vergesse mal wieder darauf. Klar.
Wir nehmen den Lieferumfang unter die Lupe und bauen das Teil zusammen, was uns keinerlei Schwierigkeiten bereitet.
Kinderleichte Montage
- Die 2 äußeren der 3 Ofenbeine ausklappen
- Lademodul in Ofen stecken: An der flachen Seite des Ofens befindet sich ein Loch, in das der Stab kommt
- Drittes Ofenbein ausklappen und somit Lademodul fixieren
Nun kann der Campstove verwendet werden! Im Vorfeld sollte man jedoch die Batterie des Lademoduls einmal vollständig aufgeladen haben. Ansonsten gibt’s während der ersten Nutzung nicht genügend Saft um sein Handy aufzuladen.
Standplatz abgesichert?
# Sicherheitsabstand zu leicht entzündlichen Materialien und Gegenständen einhalten
# Windrichtung beachten (Lademodul in den Wind drehen um es vor hervorlodernden Flammen zu schützen)
# Campstove auf ebenem, feuerfesten Untergrund platzieren
Tja, den letzten Tipp haben wir getrost ignoriert und einen Biertisch als Standplatz verwendet. Nicht g’scheit! Passiert ist zum Glück nix. Und jetzt gibt’s leiwande Fotos.
Brennmaterial
- leicht entzündbar: trockene Zweige, Kienspan, Birkenrinde, etc. oder auch eine Kronen-Zeitung
- guter Brennwert, also gut zum Kochen: Tanne, Ahorn, Birke, Eiche
Hinweis: Je feuchter das Material, desto schlechter die Heizleistung (weil Energie für das Verdampfen des Wassers benötigt wird) und desto stärker die Rauchentwicklung.
Zubehör griffbereit
Den Kettlepod und den Portable Grill aus der Verpackung nehmen und griffbereit ablegen.
Es wird heiß
Schluss mit Sicherheitsvorkehrungen, genug Dos und Don’ts, jetzt wird Feuer gemacht!
1. Mitgelieferte Anzünder entflammen und in Ofen legen. Alternativ kannst du das Brennmaterial auch ein wenig in Öl oder Spiritus tränken.
2. Leicht entzündliches Kleinholz nachlegen (nicht zu dicht, um die Flamme nicht zu ersticken)
3. Gröberes Holz zugeben
Ventilator
Ein wirkungsvolles Instrument zur Regulierung der Flamme stellt der Ventilator dar. Er wird mit dem Knopf an der Front des Lademoduls bedient und verfügt über zwei verschiedene Stufen: schwach („LO“) und stark („HI“). Ab Schritt 2 kann man den Brennvorgang mit dem Ventilator auf Stufe „LO“ beschleunigen, danach auch auf Stufe „HI“.
Achtung: Nicht zu früh oder zu stark einsetzen, da die Flammen erlöschen könnten. Nicht zu rasch Holz nachlegen. Lieber abwarten damit sich das Feuer anständig entfalten kann. In der Zwischenzeit: Nase zur Sonne strecken und Energie tanken. Oder so.
G’scheit Power unter’m Deck’l?
Um einen Eindruck zu bekommen, wieviel Power im Campstove steckt, haben wir 0,5 Liter Wasser aufgekocht und Zeit genommen, und zwar mehrmals:
1. Campstove + Kochtopf mit Deckel
Bevor der Kochtopf auf dem Campstove abgestellt wird, sollte der Topfaufsatz montiert werden. Unserer Meinung nach ist das nur bei größeren Lasten und schwereren Töpfen notwendig, wenn eine ganze Reihe hungriger Mäuler auf Verköstigung wartet. Ein halber Liter Wasser ist kein Ding, drum haben wir vorerst auf den Topfaufsatz verzichtet, wie man auf dem Foto erkennen kann.
Ergebnis: 0,5l kochendes Wasser nach 4 Minuten
2. Campstove + Kettlepod
Kochtopf, Krug mit Deckel und Aufbewahrungsgefäß für den Campstove in einem, na bomm! Die besondere Unterseite des Kettlepod schützt die Flammen vor Wind und lenkt sie so, dass weniger Hitze zur Seite verloren geht. Im Inneren eine herausnehmbare Plastikschüssel zum Löffeln und Milliliter messen kann man auch noch, sehr praktisch!
Ergebnis: 0,5l kochendes Wasser bereits nach 3,5 Minuten
Lademodul
An der Front des Lademoduls unten befindet sich der USB-Anschluss zum Laden von kleinen Geräten wie Handy, Kamera, LED-Lampen usw. Nach Inbetriebnahme dauert es einige Minuten bis die LED-Anzeige von orange auf grün wechselt: Nun gibt’s genug Saft für den Betrieb des Ventilators UND zum Aufladen deines Handys! Zudem kann endlich gekocht werden, da die Hitze im Ofen bereits ausreicht. Auch da haben wir mitgestoppt: Es dauerte 8 Minuten bis wir grünes Licht bekamen.
Wir konnten das iPhone 5S von Niko innerhalb von 10 Minuten um 5% laden. Das kommt nicht ganz an die Versprechungen des Herstellers heran („20 Minuten Laden ermöglicht 60 Minuten Telefonieren bei einem iPhone 4S“), ist aber akzeptabel.
Im Hinterkopf behalten: Wann ich mein Handy anstecken kann und wie schnell es lädt, hängt stark von Brennmaterial, Brennvorgang, Gerät sowie Ladestatus des Akkus ab.
Portable Grill
„Nicht nur Kochen sondern auch Grillen“ lautet die Devise! Mit dem Portable Grill ist das recht simpel: Schutzhülle abnehmen, Füße ausklappen und auf den Campstove stellen. Dabei wird die Öffnung an der Unterseite des Portable Grill direkt über dem Ofen platziert.
Der Deckel des Portable Grill erlaubt es, während der Grillerei Holz nachzulegen und die Hitze grob zu steuern. Bei offenem Deckel gelangt mehr Sauerstoff in den Ofen und das Feuer gibt Gas. Bei geschlossenem Deckel geschieht das Gegenteil.
Wenn man Grillgut auf den Rost legt, gilt Folgendes: Je näher am Ofen, desto besser bruzelt das Würstel (Beziehungsweise die Zucchini, in unserem Fall)!
Technik
Dieses kleine Wunderkind kombiniert einen Holzvergaser mit einem thermoelektrischen Generator, der die überschüssige Hitze in Strom umwandelt. Ein Teil vom Strom treibt einen Ventilator an, der Luft in den Brennkessel einbläst und dafür sorgt, dass die Verbrennung so richtig fein und beinahe rückstandslos abläuft. Der andere Teil des Stroms lädt Handy, Kamera & Co. per USB auf. Eine sehr umweltfreundliche Verbrennung.
„Holzvergaser?“ Das bedeutet nichts anderes als dass erst im unteren Teil des Ofens unter Sauerstoffmangel Holzgas produziert wird, welches anschließend im oberen Teil verbrannt wird. Holzvergasung ist effizienter als normale Verbrennung und produziert weniger lästige Rauchwolken.
Ein weiterer Unterschied ist das Verbrennungsprodukt: Es lässt sich super Pflanzenkohle herstellen! Pflanzenkohle verbessert beigemischt zu organischen Düngemitteln die Bodenfruchtbarkeit und hilft beim Aufbau von Humus. Mehr zu Humus & Co. hier! Der Campstove ist jedoch leider nicht zur Herstellung von Pflanzenkohle geeignet.
Der amerikanische Hersteller Biolite
…bietet eine ganze Palette an kompakten, innovativen Kochlösungen. Das Unternehmen verfolgt nicht nur das Ziel, effiziente, hochwertige Produkte zu verkaufen. Es geht auch um humanitäres Engagement in Regionen fernab von Standards wie E-Herd, Mikrowelle und Rauchabzug. Mehr dazu in diesem Video. Finden wir cool! Man tut mit dem Kauf also auch was Gutes.
Testergebnis nach Kategorien:
Autarkie-Faktor: 10 von 10 Punkten – Der Campstove ist Herd und Stromversorgung in einem und benötigt lediglich Holz als Brennmaterial. Unabhängiger geht’s wohl nicht!
Öko Fußabdruck: 8 von 10 Punkten – Verbaut wurde reichlich Plastik und Metall, nicht zu vergessen spezielle Materialien im Akku. Ersatzteile nicht leicht erhältlich, das gefällt uns nicht, geht aber wohl nicht anders. Sehr positiv ist, dass dein Feuer damit wesentlich umweltfreundlicher wird, weil die Verbrennung effizienter geschieht und du aus der Ressource Holz die maximale Energie rausholst! Das reißt’s wieder raus.
Lifestyle & Spaß: 10 von 10 Punkten – Zündeln macht grundlegend schon mal Spaß, doch mit dem Campstove erreicht man völlig neue Maßstäbe. Die verschiedenen Adjustierungsmöglichkeiten wie der Ventilator und der Deckel des Portable Grill ermöglichen gerissene Taktiken, die allesamt zu einem gscheit’n Feuer führen können. Eine willkommene Herausforderung: Wer hat ein Händchen und stellt die Bestzeit auf?
Praktisch: 6 von 10 Punkten – Die Kehrtseite der Medaille: Gut Ding braucht Weile! Manch ein unerfahrener Feuerbeschwörer dürfte beim ersten Gebrauch wohl auf einige Hürden stoßen bis das Ding einwandfrei funktioniert. Drum hier unsere Tipps wenn’s nicht gleich klappt:
- Wahnsinnige Rauchentwicklung? Wie wär’s mit trockenem Holz!
- Es brennt nicht g’scheit? Der Campstove hat sich wohl den Mund zu voll genommen und die Luftzufuhr ist verstopft.
- Nicht genügend Hitze am Grill? Schalt’ doch mal den Ventilator an!
- Man muss alle paar Minuten Holz nachlegen! Dickeres, dichteres Holz wie z.B. Ahorn brennt länger!
Wir helfen gern, das ist unter anderem auch der Zweck dieses Blogbeitrags. Viele Fragezeichen tauchen jedoch erst vor Ort auf. Wie spielen die verschiedenen Faktoren zusammen? Das muss einfach ausprobiert werden und benötigt Zeit. Kinderspiel ist es anfangs keines, das steht fest, aber die Spielerei lohnt sich!
Pluspunkte vergeben wir hier für das ausgeklügelte Verpackungs-System: Das Lademodul in den Ofen, diesen wiederum in den Kettlepod und fertig. Maximales Platzsparen mit minimalem Aufwand!
Innovativ: 10 von 10 Punkten – Dass die Kombination aus Kocher und Ladestation innovativ ist, steht außer Zweifel. Darüber hinaus birgt sie enormes Potenzial für Nachahmungen und Weiterentwicklungen. Darauf sind wir schon gespannt!
Fazit
Ein anspruchsvoller Bursche, dem man etwas Zeit schenken muss bis es optimal klappt. Der Reiz an dem Gerät, das Strom und Hitze produziert, überwiegt jedoch ganz klar. Wenn man keine Großfamilie zu verköstigen hat, die richtige Wahl für den Campingausflug. Gut geeignet für Survivaltrips und alle Outdoor-Aktionen!