Aus alt mach neu: Zweckentfremden, aufwerten, Neues schaffen. Hinter (Re-)Upcycling verbirgt sich jedoch mehr. Wie sieht der Prozess aus? Was für eine Philosophie steckt dahinter?
Der folgende Beitrag stammt von Lilia Van de Paardebloem, einer Minimalistin und Lebenskünstlerin, die in ihrem Blog Reupcycling Design ihre Ideen, Gedanken und Upcycling Produkte teilt.
ReUpcycling ist, aus Stroh Gold spinnen
Wenn ich Menschen davon erzähle, dass ich Upcycling oder ReUpcycling Schmuck mache, kommt dazu oft die Aussage: „Ah, Upcycling ist doch wenn man aus Müll wieder etwas mit mehr Wert herstellt.“ Ja, das ich richtig. Aber ich bevorzuge die Assoziation, dass ich sozusagen aus Stroh Gold spinne, denn das Neuerschaffen aus alten Dingen – egal ob aus Verpackungsmaterial oder ausgedienten Dingen – ist eine Kunst, die durchaus mit der Zauberkraft von Rumpelstilzchen aus dem Märchen zu vergleichen ist. Nur, dass ich meine Upcycling Produkte natürlich nicht mit einem Fingerschnipp oder einem Zauberspruch herstelle, sondern wie eine Wissenschaftlerin oder eine Erfinderin mit viel Geduld, Unvoreingenommenheit, Herumprobieren, immer wieder Umdenken und meinem Gespür für Farben und Formen.
Das hier wird eine Kette aus Zeitungspapier und einem Drehverschluss.
Der Prozess des Upcycling
Ein Upcycling Designerstück entwickle ich manchmal in wenigen Stunden, oder auch mal an mehreren Tagen. Das ist ganz unterschiedlich und von meiner Verfassung abhängig. Denn Upcycling funktioniert nicht nur durch Umdenken, sondern vor allem dadurch, die Dinge unvoreingenommen aus einem völlig neuen Blickwinkel zu betrachten. Ich muss die Eigenschaften des Materials genau studieren (durch Ausprobieren) um am Ende das Beste daraus machen zu können. Ein Produkt, dass mir selber gefällt.
Die Philosophie des Upcycling
Umdenken und die Dinge unvoreingenommen betrachten. Es ist eine Philosophie, die sich meiner Meinung nach auch auf die Politik und auf die Gesellschaft übertragen lässt. Denn die Welt wäre sicher eine bessere, wenn wir einfach mit dem zufrieden wären, was uns zur Verfügung steht und daraus das Beste zu machen. Genauso hilfreich für eine schönere Welt ist es, wenn wir jedem Menschen unvoreingenommen gegenübertreten, ihn nicht durch sein äußeres Erscheinungsbild oder sonstiges in eine Schublade stecken, dann sind wir freier als wir es momentan sind. Auch beim Upcycling ist es schwierig, aus einem Teil das wir nur als das sehen, was es vorher war, etwas völlig anderes zu schaffen. Es schränkt enorm ein und hemmt den kreativen Entwicklungsprozess.
Die positiven Eigenschaften von Materialien
In meiner Arbeit versuche ich alles, um die für mich brauchbaren Eigenschaften der Materialien herauszufinden. Dabei entdecke ich Vor-und Nachteile, wobei ich die Nachteile zwar beachte, indem ich aus Materialien, die sich nur störrisch biegen lassen (wie Milchverpackungen) z.B. keinen Armreif mache, weil ich dazu vielleicht eine glatte Oberfläche haben möchte.
Mein (Re)Upcycling Regenbogenarmreif aus Zeitungspapier und einer Plastikflasche.
Würde man also die Philosophie des Upcycling auf die Politik und die Gesellschaft übertragen, würde man damit beginnen, in der Schule ausschließlich mit den Stärken der Kinder zu arbeiten und Schwächen gäbe es nicht mehr. So würden wahrscheinlich viel mehr Menschen ihren eigenen Weg darin finden, was sie am liebsten machen und am besten können.
Ich bin zuversichtlich, dass wir uns aufgrund von Menschen, die ähnlich denken, dorthin entwickeln werden. Mein Re- und Upcycling Blog, auf dem ich Anleitungen rund um dieses Thema veröffentliche und meine Designs, sind ein kleiner Teil, den ich beitragen kann. Denn diese Art von Kreativität ist meine größte Stärke.